Anbieterneutrale Paketstationen: Ein vielversprechendes Konzept mit holprigem Start

OneStopBox, Frau trägt ein Paket

Die Vorteile anbieteroffener Paketstationen liegen auf der Hand. Die Zustellquote beim ersten Versuch liegen für alle Paketdienste bei 100 Prozent. Die Anwesenheit des Empfängers ist nicht erforderlich. Sie bieten eine Zeitersparnis auf der kostenintensiven letzten Meile und reduzieren die Verkehrsbehinderungen durch in zweiter Reihe haltender Paketfahrzeuge. Und dennoch hat es in Deutschland bislang kein Anbieter geschafft, ein flächendeckendes, anbieterneutrales System aufzubauen.

Zwar bot das 2016 eingeführte Schließsystem ParcelLock, ein Gemeinschaftsprojekt von DPD und Hermes, eine verbraucherfreundliche Lösung, die es ermöglichte, Sendungen unabhängig vom Transportunternehmen zu empfangen. „Allerdings blieben sowohl die Nutzerzahlen wie auch die Marktentwicklung des ParcelLock-Projekts hinter den Erwartungen zurück“, sagt Hermes-Sprecherin Ina Jencke. Die Geschäftsführungen von DPD und Hermes Germany haben sich daher im Jahr 2022 aus strategischen Gründen dazu entschieden, das gemeinsame Projekt nicht weiterzuführen.

Hermes hat inzwischen mit der Hermes Box ein Produkt auf den Markt gebracht, das der Paketdienst als sinnvolle Ergänzung zu seinen bundesweit 17.000 Paketshops versteht. Es ist als offenes System angelegt, das alle Dienstleister beliefern können. „Durch den erfolgreichen Pilotstart Ende 2022 sind wir darin bestärkt, diesen Weg weiterzuverfolgen“, sagt die Hermes-Sprecherin. Hermes verfolge weiterhin die Entwicklungen am Markt und prüfe, durch welche Lösungen sich der Paketversand und -empfang für Kunden noch komfortabler gestalten lasse. Und auch DPD arbeitet an einer Lösung, konnte jedoch zum Zeitpunkt der Anfrage keine weiteren Informationen dazu bereitstellen.

Myflexbox, in Österreich gestartet, dagegen ist ein offenes, unabhängiges Unternehmen, das nicht in Konkurrenz zu Paketdienstleistern steht, sondern diese in seine Prozesse integriert. Von Anfang an als neutrales und inklusives Konzept angelegt, ermöglicht myflexbox verschiedenen Partnern wie Städten, Supermärkten oder Tankstellen sowie Paketdienstleistern und Handelsunternehmen die Nutzung ihrer Smart-Locker-Lösung. Die Logistik- und Business-Cases sind vielseitig: von Abholen, Versenden, Umleiten, Retournieren über Out-of-Home-Delivery, Click & Collect oder Warenübergaben ist alles möglich.

Dank Kooperationen, etwa mit der Österreichischen Post AG und großen Anbietern wie DPD, UPS, GLS und DHL, wurde nach Angaben von myflexbox Österreich das erste Land in Europa, in dem alle großen Paketdienste in einem Netzwerk integriert sind. Mit über 850 Standorten im DACH-Raum ist myflexbox eigenen Aussagen zufolge das größte anbieteroffene Smart-Locker-Netzwerk. „Was uns zudem auszeichnet, ist die eigene, selbst entwickelte Software unserer Logistik-Plattform“, sagt Jonathan Grothaus, Co-CEO & Founder myflexbox. Sämtliche Partnersysteme für Paket- und Warenübergaben von KEP, E-Commerce-Anbietern und auch Händlern können jederzeit mit kurzen Anlaufphasen integriert werden.

Und auch OneStopBox ist ein neues, anbieteroffenes Paketautomatensystem in Deutschland, das eine Tochtergesellschaft der DHL Group entwickelt hat. „Was uns maßgeblich von anderen Anbietern unterscheidet, ist unsere Partnerschaft mit DHL“, sagt Lena Esser, Senior Expert Produktmanagement. Dennoch steht der Automat auch allen anderen interessierten Partnern zur Verfügung – ob Einzelhändler oder KEP-Dienstleister. Verbraucher sollen die Automaten immer nutzen können – unabhängig davon, mit welchem Paketdienst sie ihre Waren verschicken und wer die bestellten Waren in den Automaten einliefert.

„Eine solche Lösung wurde schon lange von Verbrauchern, Kommunen und KEP-Dienstleistern gefordert. Daher sind wir zuversichtlich, dass die Automaten sich erfolgreich am Markt etablieren werden“, sagt Esser. Durch das starke DHL-Netzwerk im Hintergrund und das Know-how, das dem Unternehmen durch den jahrzehntelangen Betrieb der Packstation durch DHL zur Verfügung steht, besitze es darüber hinaus eine umfangreiche Expertise für den flächendeckenden Roll-out und den stabilen Betrieb eines Automatennetzes.

Autorin: Nicole de Jong

Fotos: myflexbox, OneStopBox

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