Grüne Wege der Paketzustellung: DHL testet Solarboot auf der Spree in Berlin und auch Hamburg will Flüsse und Kanäle für die letzte Meile nutzen

Schon in der Antike und im Mittelalter war Wasser der wichtigste Transportweg für den Handel. Und auch heute noch gelten Wasserstraßen als eine der kosteneffizientesten und umweltfreundlichsten Transportwege. Gerade in den von Straßenverkehr verstopften Innenstädten könnten sie auch für die letzte Meile wieder eine größere Rolle spielen – etwa beim Paketversand. In Berlin beispielsweise bringt der Dienstleister DHL seit Oktober 2022 in einem Pilotprojekt – gemeinsam mit seinen Partnern BEHALA und der Reederei Solarwaterworld – täglich rund 350 Sendungen per Schiff vom Südhafen Spandau zum Westhafen. Das Besondere: Das gelbe Schiff gleitet morgens zwischen 8 und 9.30 Uhr fast lautlos über die Spree, denn es wird von Solarzellen auf dem Dach angetrieben. 

Mittlerweile hat DHL in der Hauptstadt bereits mehr als 70.000 Pakete CO2-neutral mit dem Solarboot zugestellt und damit den Berliner Verkehr um mehr als 400 Fahrten mit einem herkömmlichen Zustellfahrzeug entlastet. Weil das Pilotprojekt so erfolgreich läuft, wird die DHL Group den Pakettransport auf dem Wasser in Berlin weiter ausbauen. „Gemeinsam mit BEHALA und Solarwaterworld haben wir das Pilotprojekt verlängert“, sagt Sven Goerke, Leiter der Niederlassung Berlin Paket von DHL, die das Solarschiff-Projekt betreibt. 

Die bisherige Route von Spandau zum Westhafen soll um zwei weitere Haltepunkte am Humboldthafen am Hauptbahnhof und am Wikingerufer erweitert werden. Außerdem will DHL künftig mit einem zweiten Solarschiff eine zweite Route einrichten: von Köpenick bis zur Oberbaumbrücke. „Das Solarschiff in Berlin ist eine absolute Erfolgsgeschichte“, fügt Goerke hinzu. Das Pilotprojekt sei ein weiteres Zeichen für einen nachhaltigen Pakettransport. „Ergänzt durch mindestens zehn solarbetriebene DHL-Packstationen entlang der Wasserstraße trägt es dazu bei, die Straßen zu entlasten und Berlin auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt zu unterstützen.“

Die Pakete erreichen die Kunden, ohne dass beim Transport Emissionen entstehen. Denn ein E-Lkw bringt die Sendungen vom Paketzentrum Börnicke zum Südhafen Spandau. Dort wird das 10,50 Meter lange und 2,50 Meter breite DHL-Schiff beladen, das dann elektrisch angetrieben zum Westhafen fährt. Dabei kann das zwölf Stundenkilometer schnelle Schiff dank eines Speichers auch ohne Sonne sechs bis acht Stunden fahren. Mit Sonne ist die Fahrzeit unbegrenzt. Vom Westhafen aus bringen die Zusteller die Pakete dann weiter umweltfreundlich zu den Kunden – mit elektrischen Lastenrädern der Firma Rytle. Das Projekt zeigt, dass City-Logistik in Berlin auch über den Wasserweg möglich ist und großes Potenzial hat.

Und auch in Hamburg könnte die Wasserstraße zum Zukunftsweg für emissionsfreie Logistik werden. Hier soll 2025 der Testbetrieb mit einer elektrisch angetriebenen Barge starten. Derzeit untersucht das Hamburger Reallabor im Rahmen des EU-Projekts Decarbomile, ob sich das Fleet-, Fluss- und Kanalsystem auch für wassergebundene Transporte nutzen lässt, um die Dekarbonisierung in der Logistik auf der letzten Meile voranzutreiben. 

Ein erster Anwendungsfall ist bereits definiert. So sollen künftig Paketsendungen auf der sogenannten vorletzten Meile per Binnenschiff transportiert werden. Diese werden dann im Hamburger Stadtteil Billbrook umgeschlagen und mit dem vom belgischen Projektpartner Opleidingscentrum voor Hout en Bouw (OHB) konzipierten flachen Lastenschiff mit einer Fahrzeit von mindestens acht Stunden, einer Geschwindigkeit von 9 km/h und einer Kapazität von 20 Tonnen emissionsfrei über das Wasser in die Innenstadt befördert. Der Weitertransport auf der letzten Meile erfolgt dann per E-Lastenrad. 

Eine Gruppe von Projektbeteiligten, darunter die DHL Group in der Region Nord, hat bereits eine Testfahrt absolviert, um herauszufinden, welche Stellen sich zum Ablegen von Paketen eignen, wie das Schleusen abläuft und ob es Brücken gibt, die die Fahrt der Barge behindern könnten. Dabei wurde deutlich, dass die geplante Route teilweise tideabhängig ist und daher für den geplanten Testzeitraum geklärt werden muss, ob Niedrig- und Hochwasserstände eine Befahrung überhaupt zulassen. Bleibt nun abzuwarten, was der tatsächliche Testbetrieb im kommenden Jahr ergeben wird. 

Autorin: Nicole de Jong
Fotohinweis: DHL Group/Jens Schlüter

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